
Wut kann in der Trauer manchmal sehr vorherrschend sein. Sie kann aber auch gar nicht vorkommen. Ich habe festgestellt, dass es stark davon abhängt, ob Trauernde in ihrem Leben auch früher schon
Wut kannten und ausdrücken konnten oder ob ihnen dieses Gefühl wenig vertraut ist.
Wie wir immer wieder betonen, geht es in der Trauer darum, dass die Gefühle, die da sind, gefühlt werden wollen, aber gerade die Wut steht oft in der Ecke der "unerwünschten Gefühle".
Manchmal ist die Wut aber hilfreich, um der Trauer Ausdruck zu verleihen.
Wut ist ein sehr energiegeladenes Gefühl, das nach Ausdruck verlangt und nur schwer unterdrückt werden kann und auch nicht unterdrückt werden sollte wenn möglich. Die Wut zuzulassen kann helfen,
Anspannungen zu lösen, kann Energie freizusetzen, der Trauer ein Ventil geben. Dabei ist es natürlich, wie immer bei der Wut, wichtig, sinnvolle Kanäle zu finden, statt die Wut ungefiltert auf
uns selbst oder auf andere loszulassen und dabei destruktiv uns und anderen gegenüber zu werden.
Aber sie darf Raum haben wie alle anderen Gefühle auch- es ist okay wütend zu sein - sei es auf Menschen, auf das Schicksal, auf Gott oder sogar auf das Sternenkind, das "einfach
gegangen ist". Gerade letzteres sorgt manchmal gleichzeitig für ein schlechtes Gewissen - "wie kann ich wütend auf mein Kind sein?" - Ja, das ist okay und meist steckt das Gefühl des "verlassen
worden seins" dahinter.
Bei der Wut gibt es eigentlich immer "ein Gefühl dahinter" - und wenn die Wut verraucht ist im wahrsten Sinne des Wortes lohnt es sich, genau dieses Gefühl oder Bedürfnis dahinter anzuschauen und
auch hier wieder Raum zu lassen. Für die Einsamkeit, den Neid, die Traurigkeit oder eben auch für den Wunsch, dass der Schmerz Anerkennung bekommt oder was auch immer dahinter zum Vorschein
kommt.
Wichtig ist nur: schämt euch nicht für die Wut und verurteilt euch nicht für dieses Gefühl.
Alle Gefühle dürfen sein - und das ist anstrengend genug.
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